Das steht nicht in meinem Buch.
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Kartoffelsalat

Die drei sind sich einig. Kartoffelsalat mit Würstchen. „Oh, ja!“, rufen die Enkelinnen. Das ist heute einfach, denke ich und mache mich ans Werk. Kartoffelsalat ist zwar nicht meine Stärke. Doch bin ich mit dem Resultat zufrieden. Er schmeckt gut. Ich bringe die Würstchen und den Salat zum Tisch, um den schon die Mädchen vor ihren leeren Tellern sitzen.
„Ist das Kartoffelsalat?“, fragt mich die Mittlere und zieht ihre Augenbrauen zusammen. „Da sind ja gar keine Eier drinnen.“
„Dafür Joghurtmayonnaise und Essiggurken“, gebe ich zur Antwort.
„Mag ich nicht“, sagt sie und schiebt die Schüssel von sich. Ich reiche den Salat der Ältesten. Aber auch sie winkt ab. „Bei uns zu Hause sieht Kartoffelsalat anders aus“, erklärt die Neunjährige.
„Probiert doch erst einmal. Er schmeckt wirklich lecker.“, sagt mein Mann und gibt einen Löffel voll mit Kartoffelsalat auf den Teller der Jüngsten. Sie blickt ihre Schwestern an, die schützend ihre Hände über ihre Gedecke legen. „Will ich auch nicht“, verweigert auch die Kleine.
Ich stehe auf und gehe in die Küche. Die Kinder haben dem Kartoffelsalat keine Chance gegeben. Nicht einmal probiert. Ich schneide ein paar Scheiben Brot ab. Doch dann schmunzle ich. Die Welt spiegelt sich gerade in meinem Kartoffelsalat. Es ist nicht so, wie ich es mir vorstelle. Es ist nicht so, wie ich es kenne. Und zu guter Letzt: Ich schließe mich der Meinung anderer an.
Ich lächle, denn plötzlich erkenne ich mein eigenes Verhalten, das oft dem der Kinder um nichts nachsteht. Schade um all das, was ich nicht erlebt habe, weil es meiner Vorstellung, Gewohnheit und Anpassung an andere zum Opfer fiel.

Die Frage ist nicht, was im Außen geschieht,

sondern was es mit mir macht.

Ich kenne Situationen, die schwierig sind, die mir immer wieder die Kraft rauben. Die mich aus der Ausgeglichenheit und Harmonie werfen.
Aber sind die Anderen, die Umstände daran schuld? Was ärgert mich wirklich? Was macht es mit mir? Wo liegt mein wunder Punkt? Bei näherer Betrachtung erkenne ich mein persönliches unterschwelliges Programm, meine eigene Spur.

Ich will es an einem einfachen Beispiel erklären. Ich treffe auf Menschen. Dann heißt es: Ach, hallo. Danach scheint es niemand zu kümmern, wie es mir geht. Niemand redet mit mir. Fragt mich, was ich mache oder denke. Ich fühle mich im Abseits. Vielleicht ausgegrenzt, nicht wahrgenommen. Danach setzen meine „Programme“ ein. Entweder ziehe ich mich beleidigt zurück. Oder lächle und denke: lauter Idioten. Möglicherweise setze ich mich in Szene oder klinke mich in das vorherrschende Thema ein, um anderen kundzutun, was ich darüber weiß. Das kann schon mal in einer Art Besserwisserei ausarten.
Das Dumme daran ist: Ich bemerke nicht, wieso ich so oder so reagiere. Für mich ist das normal. Ich bin damit aufgewachsen. Aber wenn ich meine Muster, Prägungen und Programme erkenne, kann ich vielleicht selbst über mich lächeln. Kann mich mit meinen daraus resultierenden Emotionen und Verhaltensweisen auseinandersetzen. Bemerken, dass ich keinen Menschen irgendetwas beweisen muss. Ich gewinne Oberhand und fühle mich – um beim Beispiel zu bleiben – nicht ausgegrenzt, auch wenn gerade niemand mit mir reden möchte.

Kopfsache

Mein Mann und ich machen ein paar Tage Urlaub in Tirol. Das hat etwas. Die Landschaft, zerklüftete Felsen, grüne Wiesen, soweit das Auge blickt. Wir verstehen, warum es hier Menschen herzieht. Warum abertausende Touristen zum jährlichen Wiederholungstäter werden.
Wir schlendern durch den Ort und bleiben bei einer Auslage stehen. Die Fensterscheibe ist vollgeklebt mit Immobilienangeboten. Das interessiert uns. Die Preise sind jenseits von dem, was man ein Schnäppchen nennt. Wahnsinn, sage ich und mein Mann nickt. Eine Eigentumswohnung weit über einer Million.
Das ist nichts für uns. Wie üblich philosophieren wir weiter über Kapitalanlagen, Spekulanten, interessante Architektur und dem vermeintlichen Wunsch nach einem Stück Eigentum.
Als wir zwei Tage danach aus dem Hotel auschecken, sage ich zu meinem Mann: Wir haben eine Eigentumswohnung. Er blickt auf.
„Unser Zimmer war eine moderne und toll eingerichtete Suite. Eine perfekte Wohnung mit Tiefgarage, Sauna-Wellnessbereich und Ausblick. Wir haben Personal, das jetzt sauber macht und sich um alles kümmert, bis wir wiederkommen. Um alles, wie Versicherung, Heizung und Instandhaltung. Und es kostet uns keinen Cent. Ist das nicht toll?“
Er sieht mich mit zusammengekniffen Augen an und lächelt. Ich hingegen grinse breit über mein Gesicht und führe weiter meine Gedanken aus: Es ist nur eine Kopfsache, ob die Wohnung tatsächlich uns gehört oder ob wir es glauben. Und den Betrag, den wir jetzt bezahlt haben ist nur ein Bruchteil, von dem, was uns der jährliche Unterhalt kosten würde.
Auf der Heimfahrt verinnerliche ich nochmals meine Gedanken. Wir haben eine Eigentumswohnung in Tirol. ... und eigentlich auch an vielen schönen Orten auf der Welt.

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